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So ich stelle den Text mal rein, er hat den Vorteil, dass der erste Satz hier im Forum schonmal übersetzt wurde 😉
Vielleicht habt Ihr ja Lust.
Als der Nebel sank und die Vögel erwachten saßen die Alten schweigend im Kreis. Ihre Augen blickten zu Boden, die Rücken aufrecht, bewegungslos wie Statuen, war die einzige wahrnehmbare Bewegung das sanfte Schwingen der weißen gelösten Haare widerspiegelnd das Wiegen des Grases unter ihren Knien.
Die Nacht war voller Worte und Emotionen gewesen. Sie hatten ein Urteil zu fällen, ein Urteil über eine Frau ihres Stammes, sie wäre eine der Ihren hier, wenn sie die Stimme in diesem Kreis nicht abgelehnt hätte. Diese Nacht hatte in ihrem Geist die Jugendjahre auferstehen lassen und die Hitze jener Tage hatte sich in der Diskussion entwickelt.
Das Gesetz war klar, sie hatte einem Kind Schaden zugefügt, das wurde mit Ausschluss aus dem Stamm bestraft. Für Hanna aber, die die siebzig weit überschritten hatte wäre dies ein Todesurteil. Kein anderer Stamm würde sie aufnehmen und allein konnte sie nicht überleben.
Hanna, die so gern lachte und immer noch Lebensfreude versprühte, auch wenn die neuen Gesetze sie zwangen, sich Zügel anzulegen. Damals war es einfach. Sie alle, die hier saßen und Hannas Mann, der leider schon einpaar Jahre tot war hatten sich geliebt und das Leben in der Natur mit vollen Zügen und mit ganzem Körper genossen. Es war schon nicht mehr vorstellbar, aber alle hier hatten sich gegenseitig schon nackt gesehen und es als völlig natürlich angesehen. Das Gras mit dem Körper fühlen, sich vom Wind trocknen zu lassen. Das waren die Zeiten, die diese Nacht wieder lebendig geworden waren.
Dann passierte im Stamm dieser Zwischenfall. Eine Frau wurde vergewaltigt. Unvorstellbar und desillusionierend. Damals hatte der Stamm beschlossen, dieser Art der Gewalt nicht entgegenzukommen, sie nicht herauszufordern und den nackten Körper unter Tabu gestellt. Ein Tabu, dass auch die Familie betrifft.
Sie hatten sich dem Willen des Stammes gefügt. Hanna nicht. Alle Anwesenden wussten, dass Hanna sich ihrem Mann und er sich ihr weiterhin nackt zeigten. Aber es war ihr nicht gelungen, ihre Kinder von dieser Lebensweise zu überzeugen. Also hatte sie sich zurückgezogen und lebte seit dem Tode ihres Mannes allein in ihrer Hütte.
Die Herzen der Alten waren in dieser Nacht bei Hanna und die Sehnsucht nach ihrem alten Leben, der Ungebundenheit und Natürlichkeit ihrer Gefühle. Warum hatten sie sich gegen die neuen Gesetze nicht gewehrt? Warum hatten sie sich nicht geweigert in den ältesten Rat zu gehen?
Zu spät waren diese Fragen. Hanna hatte vergessen ihre Tür abzuschließen und es war ausgerechnet ihr Enkel, der hereinkam und sie nackt stehen sah. Er schrie bis er zurück im Hause seiner Eltern war. Diese hatten nun Anzeige erstattet. Gegen Hanna.
Die Sonne entstieg dem Nebel und die Alten rührten sich nicht.
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